Erklärung zur Barrierefreiheit

Die Europäische Union hat 2016 die Richtlinie 2016/2102 erlassen, die öffentliche Stellen verpflichtet, ihre Internetseiten und Apps, gerade auch ihre wesentlichen Dienstleistungen, barrierefrei im Internet anzubieten.

Das Land Niedersachsen hat diese Verpflichtung in den §§ 9 und folgende des NBGG umgesetzt; diese Regelungen sind seit dem 25. Oktober 2018 rechtsgültig. Darüber hinaus wurde durch § 9 c NBGG eine Überwachungsstelle eingesetzt, die die Umsetzung der Pflicht für ein barrierefreies Internet überprüfen soll. Auch ein so genannter „Feedbackmechanismus“ und eine Schlichtungsstelle wurden eingeführt, die es Betroffenen ermöglichen, mangelnde Barrierefreiheit zu melden und um Abhilfe zu bitten.

Wer ist betroffen?

Damit sind nunmehr Land, Kommunen, Körperschaften, Anstalten, Einrichtungen und Stiftungen des öffentlichen Rechts sowie Vereinigungen, an denen mindestens eine dieser Stellen beteiligt ist verpflichtet, ihre Webseiten und Apps barrierefrei zu gestalten. Damit können auch juristische Personen des privaten Rechts umfasst sein, wie beispielsweise städtische Krankenhäuser, Pflegedienste, Nahverkehrs- oder Abfallbetriebe.


Welche Ausnahmen gibt es?

Von der Anwendung der Barrierefreiheit ausgenommen sind gemäß § 9 Absatz 2 NBGG Inhalte von Internetseiten und Apps

• von Kulturerbesammlungen, die nicht oder nur durch unverhältnismäßigen Aufwand barrierefrei umgewandelt werden können,

• von Archiven, die nicht für aktive Verwaltungsverfahren benötigt werden oder nach dem 23.09.2019 aktualisiert oder überarbeitet wurden,

• von Rundfunkanstalten, die einem öffentlichen Sendeauftrag dienen,

• von Nichtregierungsorganisationen,

• von Büroanwendungen, die vor dem 23. September 2018 veröffentlicht wurden und deren Inhalte nicht für aktive Verwaltungsverfahren notwendig sind (allerdings sieht § 9a Absatz 1 NBGG vor, auch Büroanwendungen schrittweise barrierefrei zu gestalten, sodass eine Berufung auf diese Ausnahme nicht dauerhaft möglich sein wird),

• von aufgezeichneten zeitbasierten Medien, die vor dem 23. September 2020 veröffentlicht wurden sowie live übertragenen zeitbasierten Medien,

• von Online-Kartendiensten, sofern eine barrierefreie Alternative zur Verfügung steht und

• von Inhalten Dritter, die nicht der Kontrolle der öffentlichen Stelle unterstehen.

Die wohl wichtigste Ausnahme ist in § 9 Absatz 2 Nr. 2 NBGG geregelt und betrifft Schulen und Tageseinrichtungen für Kinder. Allerdings können sich diese nicht vollständig auf eine Ausnahme berufen, denn wesentliche Online-Verwaltungsfunktionen müssen gleichwohl barrierefrei zur Verfügung gestellt werden.

Schließlich sieht § 9 a Absatz 4 NBGG vor, dass bei einer unverhältnismäßigen Belastung durch eine barrierefreie Gestaltung von Internetseiten und Apps eine Ausnahme vorliegen oder die schrittweise Umsetzung gerechtfertigt sein kann. Zugegebenermaßen darf hier nicht vorschnell eine Unverhältnismäßigkeit angenommen werden. Vielmehr ist diese anhand von Kriterien der Richtlinie 2016/2102, konkret dem Artikel 5, zu prüfen und die entsprechende Prüfung zu dokumentieren. Die Prüfkriterien des Artikels 5 der Richtlinie sehen eine Abwägung der entstehenden Kosten, der Größe und Ressourcen der öffentlichen Stelle, sowie der Vorteile betroffener Menschen mit Behinderungen und der Nutzungshäufigkeit der entsprechenden Seiten vor.


Wie wird die Verpflichtung erfüllt?

Eine ins Detail gehende Darstellung der anzuwenden technischen Standards zur Erfüllung der Barrierefreiheitsanforderung würde an dieser Stelle zu weit führen, daher wird auf das geltende Recht verwiesen und nur ein erster Einblick gegeben.

§ 9 a NBGG übernimmt zur Erfüllung der Barrierefreiheit die Kriterien, die die europäische Richtlinie 2016/2102 bereits festgelegt hat und verweist des Weiteren auf eine zu erlassende Verordnung. Die Kriterien werden in der von der EU veröffentlichten technischen Norm EN 301 549 konkretisiert. Danach orientieren sich die technischen Standards an den Kriterien „wahrnehmbar“, „bedienbar“, „verständlich“ und „robust“. Aber was genau sagen diese Kriterien aus?

• Wahrnehmbarkeit heißt das Sehen-, Hören- und Fühlen-können von Inhalten.

• Bedienbarkeit bedeutet, dass Navigation und Handhabung einfach und verständlich sind.

• Verständlichkeit wiederum bezieht sich auf Inhalte und das Leseniveau der Nutzerinnen und Nutzer Dabei regelt die EU, dass ein niedriger Abschluss der sekundären Schulbildung maßgeblich ist.

• Robustheit schließlich bedeutet, dass assistive Technologien (bespielhaft der screen reader eines blinden Menschen) die Seite interpretieren können müssen.

Selbstverständlich werden unter diese vier Kriterien viele Unterpunkte gefasst, die es zu erfüllen gilt, um die Anforderungen an die Barrierefreiheit einer Interseite oder einer App zu erfüllen. Die Europäische technische Norm verweist in diesem Zusammenhang auf die WCAG 2.1 (Web Content Accessibility Guidelines). Dabei handelt es sich um einen Katalog von Anforderungen, den das W3 Consortium, ein Gremium zur Standardisierung der Techniken im Internet, erstellt hat. Die WCAG 2.1 und viele weitere nützliche Hinweise finden Sie auch auf der Seite der Bundesfachstelle Barrierefreiheit.

Neben den technischen Spezifizierungen einer Seite muss jede öffentliche Stelle auf ihren Internetseiten und Apps eine Erklärung zur Barrierefreiheit aufnehmen. Diese Erklärung muss gemäß § 9 b NBGG eventuelle Ausnahmen von Barrierefreiheit darstellen, einen so genannten „Feedbackmechanismus“ zur Kommunikationsaufnahme enthalten und darüber hinaus auf das Schlichtungsverfahren hinweisen. Hier können Sie die Mustererklärung zur Barrierefreiheit herunterladen.


Was ist die Überwachung?

In Niedersachsen wurde eine Überwachungsstelle im Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung angesiedelt. § 9 c NBGG regelt folgende Aufgaben der Überwachungsstelle: Sie prüft periodisch die Internetseiten und Apps öffentlicher Stellen auf die Erfüllung der Barrierefreiheit und wirkt durch Schulungen und Sensibilisierungsmaßnahmen auf deren Umsetzung hin. Sofern Mängel der Barrierefreiheit einer Seite oder App festgestellt werden, wird die betroffene Stelle darüber informiert. Des Weiteren wird in regelmäßigen Abständen ein Bericht zum Stand der Umsetzung in Niedersachsen, welcher über den Bund an die EU weitergeleitet wird, erstellt. Da in Niedersachsen sehr viele Webseiten und Apps unter die Prüfung fallen, werden nicht alle in jedem Jahr überprüft. Die EU hat vielmehr eine gewisse Anzahl an Prüfungen pro Einwohnerzahl vorgegeben. Diese liegt in Niedersachsen bei ca. 150 in den ersten zwei Jahren und bei ca. 200 in den Folgejahren.

Gern beraten wir Sie zu Fragen der Barrierefreiheit unter BarrierefreieIT@ms.niedersachsen.de.

Bei der Schlichtungsstelle, eingerichtet bei der Landesbeauftragten für Menschen mit Behinderungen in Niedersachsen, können Sie einen Antrag auf Einleitung eines Schlichtungsverfahrens nach dem Niedersächsischen Behindertengleichstellungsgesetz (NBGG) stellen.

Die Schlichtungsstelle nach § 9 d NBGG hat die Aufgabe, Streitigkeiten zwischen Menschen mit Behinderungen und öffentlichen Stellen des Landes Niedersachsen, zum Thema Barrierefreiheit in der IT, beizulegen. Das Schlichtungsverfahren ist kostenlos. Es muss kein Rechtsbeistand eingeschaltet werden.


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